GESCHICHTE

Über die Burgerschaft Murten und der daraus entstandenen Burgergemeinde Murten gibt es verhältnismässig wenige Quellen. Es lassen sich aber aus der allgemeinen Geschichte der Stadt Murten gültige Aussagen darüber ableiten.

Bereits in dem um 1245 datierten Stadtrodel (Stadtrecht), der das Zusammenleben der damaligen Bevölkerung regelte, ist erwähnt, dass sich Bewerber in das Burgerrecht aufnehmen lassen konnten. Gemäss der Devise „Stadtluft macht frei“ erhielten Leibeigene die begehrte Freiheit. Man war also nicht wählerisch, vielmehr wusste man, dass in unsicheren Zeiten „die Vermehrung einer streitfähigen Burgerschaft“ zu begünstigen sei. In ruhigeren Zeiten wurde den Bewerbern die Aufnahme ins Burgerrecht nicht mehr so leicht gemacht. Eine verhältnismässig kleine Anzahl von burgerlichen Geschlechtern wollten die Ehrenstellung und die daraus erwachsenden Einkünfte für sich beanspruchen.

In den Einwohnerverzeichnissen späterer Jahrhunderte wurden längst nicht mehr alle Stadtbewohner als Burger aufgeführt, und die Unterschiede zwischen Burgern und Hintersässen war üblich. Aus verschiedenen Quellen ist zu entnehmen, dass vielen Handwerkern (Gold- und Silberschmiede, Uhrmacher), vorallem im 18. Jh. das Burgerrecht verweigert wurde. Man bot ihnen sogar eine Geldsumme an, damit sie weiterzögen, aus Angst, dass die Bewerber mit ihrer „brotlosen Kunst“ armengenössig werden könnten.

In einer Zählung aus dem beginnenden 19. Jahrhundert sind noch 464 Burger neben fast tausend kantonsangehörigen und kantonsfremden Nicht-Burgern aufgeführt.

1828 werden im Bürgerbuch von Engelhard bereits 291 ausgestorbene murtenburgerliche Geschlechter aufgeführt. Dieses Bürgerbuch enthält auch ein Verzeichnis der (damals) noch blühenden Geschlechter zu Murten. Von den noch 44 erwähnten Geschlechtern ist ein Grossteil bis heute ebenfalls ausgestorben.

Das Ende des Ancien Régime schaffte zwar im 19. Jh. die burgerlichen Privilegien ab. Die Burger indessen behielten ihre Fonds und die anderen Vermögensteile. Diese wurden aber von der Einwohnergemeinde verwaltet. Trotz abgeschaffter Privilegien hatte die Murtner Burgerschaft bis Ende des 19. Jh. das Sagen im Städtchen. Es wehrte sich auch niemand, wenn die Stadt, die ständig in Finanznöten war, einen Griff in die Bürgerlichen Fonds tat.

Erst 1896 verlangten die Burger, dass ihre Güter vom restlichen Vermögen der Stadt getrennt würden. Hierbei zeigte sich nun, dass die zweckentfremdeten, „ausgeliehenen“ Beträge rund eine halbe Million ausmachten. In einem aussergerichtlichen Entscheid von 1912 erhielten die Burger etwas Geld von der Gemeinde zurück, und die burgerlichen Güter wurden nun ausgeschieden und als solche anerkannt. Unter diesen Gütern sind die „Spitalreben“, das burgerliche Rebgut im Wistenlach, besonders erwähnenswert. Diese Rebberge schienen der Stadt als wenig ertragreich und man überliess sie deshalb gerne den Burgern. Die Stadt glaubte, mit den Wäldern bessere Erträge erzielen zu können.

Tragisch und auch komischerweise kam nach dieser Aufteilung die grösste Gefahr nicht von Seiten missgünstiger Gemeinderäte, sondern aus den eigenen Reihen. Der damalige Burgergutsverwalter, der im Städtchen blindes Vertrauen genoss, geriet in Schulden. Aussdem hatte er eine Geliebte andernorts, mit der er viel Geld verprasste. Und so ging es nicht lange, bis er sich an den ihm anvertrauten Fonds vergriff. Wegen der zu largen Kontrolle durch die Revisoren wurden diese Fonds immer kühner gemolken. Erst 1923 wurde der Skandal aufgedeckt.  Die unvorstellbar hohe Summe von 200 000 Franken, heute an Geldwert mehrere Millionen, fehlten. Landesweit wurde darüber berichtet. Die Sensation: Geld, Luxus, Frauen, ein „Stedtli-König“ und unterwürfige Behörden!